„Die Schweiz hat eine vielfältige Metal-Szene“
Das schrieb ich vor einigen Jahren im Review zu „Das Erbe der Welt“ der Schweizer Symphonic Metal Band Deep Sun. Obwohl mich das Album selbst nicht so sehr überzeugen, konnte man doch das große Potential der Band hören. Nun drei Jahre später wurde „Dreamland – Behind The Shades“ veröffentlicht. Für mich ein deutlicher Schritt nach vorn. Oder besser gesagt „Back to the roots“. Man höre sich da nur das Debüt „Race Against Time“ an. Es war somit an der Zeit, mal bei den Musikern von Deep Sun nachzufragen.
KoR: Hallo, ich bin Rainer und schreibe für Keep on Rockin‘. Danke, dass ich dieses Interview mit Euch führen kann. Wie geht es Euch?
Debora: Danke dir. Nachdem unser Album „Dreamland – Behind the Shades“ direkt den 4. Platz in den Schweizer Album Charts erreicht hat, geht es uns aktuell sehr gut! Es ist
KoR: Stellt Euch zunächst bitte kurz vor. Wie würdet Ihr den Sound von Deep Sun beschreiben?
Debora: Deep Sun steht für Symphonic Metal, gespickt mit diversen anderen Einflüssen wie Rock, Power, Folk, etc. Dies entsteht automatisch aufgrund des breitgefächerten Musikgeschmacks von uns allen. Aber unsere Songs tragen klar das Symphonic Metal Gewand. Mit dem neuen Album auch mehr denn je.
Tobias: Mit dem neuen Album und der klareren Ausrichtung auf den Symphonic Metal haben wir auch unsere Stärken mehr hervorgeben: Nämlich den Gesang und die epischen Keylines.
Angelo: Wir gestalten ein vielfältiges dichtes und buntes Sounding in Abhängigkeit vom Songkleid und kompositorischem Inhalt. Es entstehen hierdurch auch hörbar die Unterschiede, die manchmal das Gefühl vermitteln, dass Songs „auffälliger“ erscheinen als andere. Schöne Beispiele: Secret Garden, Mitternachtstanz vs. Hands In Anger, Behind The Shades…
KoR: Welche anderen Bands und Musiker beeinflussen Euch?
Angelo: Mich beeinflussten seit meiner Jugend so einige Bands essenziell. Hierzu gehören Bands wie: Led Zeppelin, Jethro Tull, Pearl Jam, Primus, Tool, A Perfect Circle, Radiohead, Nightwish, Within Temptation, Ensiferum, MoonSorrow, Black Sabbath, historische alte Musik… Als Musiker im Einzelnen möchte ich gerne Louis Johnson erwähnen, welcher meinen Slap-Stil am Bass wesentlich mit geprägt hat.
Tom: Ich habe einen relativ breit gefächerten Musikgeschmack was das Metalgenre betrifft.
Aber angefangen hat alles mit Bands wie Stratovarius, Hammerfall, Nightwish, etc.
Heutige Favoriten kommen ebenfalls aus dem Norden Europas. Amorphis, Wintersun, Ensiferum, um nur einige zu nennen.
Debora: Durch meine Eltern kam ich früh mit Bands in Kontakt wie Uriah Heep, Deep Purple, Pink Floyd, aber auch ABBA, etc. All die verschiedenen Musikrichtungen und Einflüsse haben mich schon immer fasziniert. Als ich dann aber auf Nightwish und Tarja Turunen traf, wusste ich genau, wohin ich mit meiner Stimme möchte. All die frühen Symphonic Metalbands waren für mich sehr wegweisend.
KoR: Wie ich eingangs schon kurz anmerkte, kommen viele sehr unterschiedliche Metal-Bands aus der Schweiz. Kennt man sich untereinander? Habt Ihr Kontakt mit anderen Bands?
Debora: Im Laufe der Jahre begegnet man tatsächlich vielen Bands. Das ist immer sehr spannend und man tauscht sich auch aus. Und wie es im alltäglichen Leben so ist, finden sich auch hier Freundschaften, die dann über das gemeinsame Konzert halten. Ich habe bis heute mit verschiedenen Musikern immer noch Kontakt und trifft sich auch privat auf eine Tasse Kaffee.
Angelo: Ja, das ist in der Tat so und auch eine gute Sache. Jeder geht zwar seinen eigenen Weg, jedoch nimmt man hin und wieder aber auch gerne Kontakt miteinander auf, um nach gemeinsamen Konzerten Ausschau zu halten. Das fördert die Verbindungen zueinander. Ein sehr erfolgreiches Beispiel waren unsere „Swiss Metal Alliances“, wo wir damals großflächig mit Bands aus der Romandie und auch aus Deutschland innerhalb der Schweiz unterwegs waren.
Tobias: Was wir in all den Jahren aber auch immer wieder bemerkten, ist die „Lebendigkeit“ des Business. Wir haben viele Bands kommen aber auch gehen gesehen. Umso mehr schätzen wir da, die Beständigkeit bei Deep Sun und wir sind glücklich und dankbar für die gute Stimmung, die wir in unserer Band-Family haben.
KoR: Die erste EP „Flight of the Phoenix“ und das Debüt-Album „Race Against Time“ habt Ihr eigenständig veröffentlicht. Seit „Das Erbe der Welt“ bei Massacre Records unter Vertrag. Was hat Euch veranlasst, einen Label-Deal abzuschließen?
Angelo: Ganz klar mit dem Ziel vor Augen, einen großen Schritt nach vorne zu machen, sich weiterzuentwickeln, mehr Professionalität zu erreichen, insbesondere im Gesamtauftritt nach außen hin. Weiterführenden Support zu erhalten, den Bands zwingend brauchen, um diese Schritte überhaupt nach vorne machen zu können.
Tobias: Der physische aber auch der online Vertrieb eines Albums ist ein „Buch mit sieben Siegel“. Da braucht es definitiv einiges an Erfahrung und die Gelassenheit, die wir nun zusammen mit Thomas Hertler von Massacre Records haben. Für uns war der Schritt mit einem Plattenlabel zusammen zu arbeiten lange kein Thema, aber mit der Zeit und nach dem großen Erfolg vom „Race Against Time“ wurde uns bewusst, dass wir schlicht nicht mehr in der Lage sind, dies auch für „Das Erbe der Welt“ zu stemmen. Geschweige denn jetzt mit „Dreamland – Behind the Shades“.
KoR: Unterscheidet sich die Vorgehensweise bei der Album-Produktion jetzt im Vergleich zu den ersten beiden Veröffentlichungen?
Angelo: Absolut. Hier war die PreProduction mit unserem Produzenten Frank Pitters ein wesentlicher und essentieller Faktor, der über ein Jahr in Anspruch nahm, bevor es dann ins Studio ging. Die regelmäßigen Skype-Meetings, um die Fortschritte der PreProduction zu besprechen waren auch neu für uns. Diese gab es bei den Alben „Race against time“ und „Das Erbe der Welt“ nicht.
KoR: Zwischen der Bandgründung und der ersten Veröffentlichung liegen neun Jahre. Warum hat es so lange gedauert, bis Eure EP fertig war?
Debora: Die Band wurde damals noch unter dem Namen „One Hour“ gegründet und es gab stetige Wechsel im Line-up. Seit 2011 waren wir dann in einer fixen Konstellation und im 2013 erschien dann das Debut-Album „Flight of the Phoenix“. Von daher ging es dann schon flott als wir in einer konstanten Zusammensetzung bestanden 🙂
Tom: Ja die ersten Jahre traf man sich 1-mal wöchentlich im Bandraum, um etwas zu jammen und Zeit miteinander zu verbringen. Große Ambitionen hatten wir bis dahin nicht. Die Ambitionen kamen dann mit den Konzerten und der ersten CD-Aufnahme.
KoR: Seit „Race Against Time“ ging es dann Schlag auf Schlag. Aller drei Jahre ein neues Album. Habt Ihr jetzt Euren Rhythmus gefunden?
Debora: Neben der Musik haben wir alle noch in einem Fulltime-Job und Angelo auch noch eine Familie. All diese verschiedenen Faktoren gilt es bei unseren Planungen sowohl in Bezug auf Konzerte aber eben auch auf eine ganze Albumproduktion zu berücksichtigen. Wir sind eine fleißige und vorausschauende Band und somit auch stetig an Songs, Planungen, Koordinationen, etc. dran, und hoffen, unseren 3-Jahresrhythmus einmal durchbrechen zu können 🙂
KoR: Aus meiner Sicht ist Euer 2019er Konzept-Album ein kleiner Durchhänger gewesen. Was habt Ihr bei „Dreamland – Behind The Shades“ anders gemacht als beim Vorgänger?
Debora: Musik ist glücklicherweise Geschmackssache und so gibt es zu einer Veröffentlichung immer verschiedene Meinungen und Ansichten. Faktisch gesehen gelang uns mit „Das Erbe der Welt“ aber eine Art Durchbruch, was nur schon mit dem 11. Platz der Schweizer Album-Charts sowie dem 1. Platz in den Metal-Charts deutlich zu sehen war. Auch öffnete uns dieses Album viele weitere Türen für coole Konzerte und Festivals.
Bei „Dreamland – Behind the Shades“ haben wir zudem zum ersten Mal mit dem Produzenten Frank Pitters, Silverlinemusic, zusammengearbeitet. Er gab den Songs mehr Moderne und Frische und produzierte Deep Sun auf ein next higher level.
Auch haben wir uns seit dem letzten Album erneut weiterentwickelt, was sich ebenfalls auf dem Album widerspiegelt und auch bei jedem Album unser Ziel ist. So habe ich große Freude daran, wie ich meine Stimme mehr in die Tiefen und die Mittellagen ausarbeiten und dies sehr stark in den einzelnen Songs einsetzen konnte.
Wir machen aber keine Konzeptalben im eigentlichen Sinne. Ich komme da jeweils mit verschiedenen Themen und Ideen in die Band und anschließend besprechen und ordnen wir die Thematik ein wenig. Die Thematik der Träume und all die verschiedenen Facetten dazu hat uns schon lange interessiert. Es ist ein sehr spannendes Thema, denn es gibt auch kompositorisch keine Einschränkungen, was dann auch der Vielfältigkeit der Songs, wie man sie von Deep Sun gewohnt ist, zugutekam.
So konnte sich jedes Bandmitglied auf seine musikalische Weise im Thema ausdrücken, wie er das gerne wollte.
Ganz eindrücklich geschehen ist dies mit dem Opener des Albums «Behind the Shades», wo Tom und ich die Traum-in-einem-Traum-in-einem-Traum-Verschachtelung musikalisch umsetzten. Dies ist Tom mit dem Songwriting eindrücklich gelungen. In diesem Song gibt es keine Wiederholungen von Parts, man steigt immer mehr in den Song hinein und am Ende gibt es die harmonische Umkehrung der vorangegangenen Tonarten, um wieder aus dem Song herauszukommen.
Oder grade auch bei «Killer in a Dream». Tom’s Traum der Verwirklichung eines eigenen James Bond Songs, mit dem wir gleich einen Videoclip drehten mit der passenden Story im Grand Casino Baden.
KoR: Inwieweit hat die Covid 19 Pandemie die Produktion des Albums beeinflusst?
Angelo: Es hat uns wahnsinnig viel Zeit eingebracht, sich intensiv mit dem Songwriting und der PreProduction zu beschäftigen. Entgegen dem tiefen Kopfhänger keine Konzerte spielen zu können, war das dann die Hand, welche den Kopf hochgehalten hat, um nach vorne zu schauen.
Tobias: Genau und zudem mussten wir im Frühling 2020 relativ spontan noch einen Line-up-Wechsel an der Gitarre vollziehen, da kam es uns eigentlich fast sogar „gelegen“, dass gesamthaft 14 Konzerte von uns abgesagt wurden. Wobei man natürlich nicht von „gelegen“ sprechen kann, wenn man sieht, was diese Pandemie in der Musikszene angerichtet hat. Viele Veranstalter mussten den Hut ziehen und viele Bands wurden aufgelöst. Es war für uns ebenfalls eine höchst emotionale Zeit, die aber (hoffentlich) nun der Vergangenheit angehört!
Da Frank Pitters rund 1000 Kilometer weg von uns wohnt und arbeitet, kommunizierten wir praktisch ausschließlich online miteinander, da kam der nächste „Nutzen“ der Pandemie zum Tragen: Allen war der Umgang mit den Video-Chats bestens bekannt.
KoR: Wer ist bei Deep Sun für das Songwriting zuständig? Oder entspringen die Songs gemeinsamer Arbeit?
Debora: Die Hauptsongwriter sind klar Thomas Hiebaum und Angelo Salerno und ganz selten steuere ich mal noch einen Song bei. Wenn die beiden also ihre Songideen präsentieren, gehen wir diese miteinander durch, schaffen die Details heraus und am Schluss nimmt jeder seinen Part auf Cubase auf, so dass wir uns ein ganzheitliches Bild vom Song machen können.
KoR: Seid Ihr zufrieden mit dem Ergebnis?
Debora: Absolut! Vor jedem Album haben wir den Anspruch an uns selber, das bestmögliche aus uns herauszuholen und ich finde, das haben wir bei „Dreamland – Behind the Shades“ mehr als geschafft.
Tom: Ich kann mich dem nur anschließen. Wir haben Blut, Schweiß und Tränen geschwitzt für dieses Album. Das gute Teil nun in den Händen zu halten, macht uns alle extrem stolz. Und wenn es den Fans auch gefällt, ist das natürlich umso besser.
Tobias: Und mit der Charts Platzierung in der Schweizer Hitparade mit dem 4. Rang haben wir auch gleich den Beweis, dass das Album alle unsere Erwartungen übertroffen hat.
KoR: Wie waren die Reaktionen Eurer Fans und auch der Presse auf das aktuelle Album?
Tobias: Die Rückmeldungen waren bisher durchs Band weg positiv. Wir hatten bisher mit keinem Album so viele positiven Rückmeldungen und auch die Charts Platzierung kam ja nicht von ungefähr. Zum Glück sind Musikgeschmäcker aber auch sehr verschieden. Wir sind extrem zufrieden damit!
KoR: Was können wir künftig von Deep Sun erwarten? Werdet Ihr auch außerhalb Eures Heimatlandes live auftreten?
Angelo: Zu erwarten sind Kontinuität im Bereich Konzerte, energiegeladene Auftritte und den eigenen Anspruch in puncto Weiterentwicklung der Band. Hierbei geben wir alles daran, diese Ziele auch in konstruktiver Weise zu erreichen. Hierzu gehören auch Auslandskonzerte, welche bereits dieses Jahr im Herbst gemeinsam mit Bonfire in Deutschland starten werden. Auf diese freuen wir uns schon sehr.
Tobias: Genau, wir werden bereits in diesem Jahr im Ausland Konzerte geben können und wie es aussieht, geht es auch 2023 in die Tendenz, dass wir vermehrt ins Ausland kommen für kleinere Wochenend-Konzerttouren. Einzelne Kontakte stehen bereits fest.
KoR: Ich bedanke mich noch einmal für dieses Interview. Möchtet Ihr Euren Fans zum Schluss noch etwas sagen?
Debora: Wir können uns einfach nur aus tiefem Herzen bei all unseren Fans aber auch Freunden und Familien bedanken, dass sie stets an uns glauben und uns unterstützen. Das ist so wertvoll und nicht selbstverständlich. Ohne unsere Fans und Supporter wären wir nicht hier, wo wir jetzt sind. Dank euch allen da draußen!
Angelo: Kann mich Deboras` Worten nur anschließen 😀
Tobias: Und wenn ihr mögt, verfolgt unseren Weg auf den Social Medien oder wo auch immer. Wir freuen uns auch immer über Kommentare oder Nachrichten/Feedbacks unserer Fans, die wir immer gerne beantworten.
Deep Sun sind:
Debora Lavagnolo – Vocals
Stephan Riner – Gitarren
Angelo Salerno – Bass
Tom Hiebaum – Keyboard
Tobias Brutschi – Drums
Diskographie:
Flight of the Phoenix (EP) – Selbstrelease 2014
Race Against Time (Album) – Selbstrelease 2016
Das Erbe der Welt (Album) – Massacre Records 2019
Dreamland – Behind the Shades (Album) – Massacre Records 2022