Vor fünf Jahren interviewte ich eine junge aufstrebende Band. Ignea aus der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Musiker lediglich eine Single („Alga“) und eine EP („Sputnik“) veröffentlicht. Beide gefielen mir auf Anhieb. Seitdem ist viel passiert im Hause Ignea. Zwei Alben wurden produziert („The Sign Of Faith“ 2017, „The Realms Of Fire And Death“ 2020). Kürzlich erschien die Split EP “Bestia”, eine Co-Produktion mit ihren langjährigen Freunden von Ersedu, ebenfalls aus der Ukraine. Auf ihrer Europa-Tournee legten sie 2018 auch einen Zwischenstopp in Hamburg ein. Und nicht zu vergessen der Plattenvertrag mit Napalm Records. Also Zeit, einmal nachzufragen, wie die Musiker die letzten Jahre erlebt haben. Sängerin Helle Bogdanova stellte sich meinen Fragen.
KoR: Hallo, ich bin Rainer und schreibe für Keep on Rocking. Vielen Dank, dass Ihr euch erneut meinen neugierigen Fragen stellt. Wie geht es Euch?
Helle: Hallo Rainer! Danke, dass wir wieder eingeladen wurden. 😊 Wir haben gute Erinnerungen an unsere Hamburg-Show 2018!
Es geht uns so 50/50. Gut auf der musikalischen Seite, aber wir wünschen uns so sehr einen vollständigen Neustart von Konzerten und Tourneen.
KoR: Das erste, was mir aufgefallen ist, Eure Bandbesetzung ist seit 2015 stabil. Das vor allem für kleinere Bands eher unüblich. Habt Ihr ein Geheimrezept dafür?
Helle: Ja, wir haben seit damals keine Besetzungswechsel gehabt. Obwohl ich nicht glaube, dass es ein Rezept gibt, unterscheidet sich unsere Band von vielen anderen, weil es zwei Leute gibt, die die Band managen, und der Rest der Bandmitglieder ist hauptsächlich an den Proben, Aufnahmen und Live-Shows beteiligt. Das macht ihren Beitrag nicht geringer, aber es hilft sicher, zusätzliche Streitereien und verzögerte strategische Entscheidungen zu vermeiden.
Aber, wie die Pandemie uns allen gezeigt hat, kann nichts sicher sein. Wir sind also froh, dass unsere Besetzung funktioniert, und wir hoffen, dass es so bleibt.
KoR: In den vergangenen fünf Jahren habt Ihr zwei abendfüllende Alben veröffentlicht. Wie war die Resonanz von Fachpresse und Fans auf diese beiden Veröffentlichungen?
Helle: Diese beiden Alben haben definitiv unsere Fanbase vergrößert. Da wir bisher unabhängig waren, war die Presse nicht sonderlich daran interessiert, über eine andere kleine Band zu berichten, aber die Mundpropaganda hat sehr gut funktioniert. Die Leute haben unsere Musik einfach mit ihren Freunden geteilt und so haben wir nach und nach die Herzen von Menschen aus der ganzen Welt gewonnen. Natürlich kamen auch Tourneen und ein wenig Promotion dazu, aber eher, um den Bekanntheitsgrad zu steigern.
„The Realms of Fire and Death“ wurde übrigens zu 100 % von unseren Unterstützern auf https://www.patreon.com/helleignea finanziert.
KoR: Ihr seid nunmehr seit sieben Jahren als Band aktiv. Wie hat sich in dieser Zeit Euer Sound weiterentwickelt? Wie unterscheiden sich Eure beiden Alben, zwischen denen ja auch drei lange Jahre liegen?
Helle: Alle unsere Platten wurden von Max Morton aufgenommen und abgemischt, so dass die Soundqualität dank der Professionalität von Max immer gut war. Er weiß, wie man das Beste aus uns herausholt. Als Musiker haben wir unsere Fähigkeiten auf jeden Fall perfektioniert, obwohl es noch viel mehr zu tun gibt.
Ich denke, das Songwriting hat sich verändert, und obwohl die Musik immer noch von unserem Keyboarder komponiert wird, habe ich mehr dazu beigetragen, meine Gesangsparts einzubringen und Konzepte für unsere Alben zu entwickeln. So sind unsere letzten Alben – „The Realms of Fire und Death“ & „BESTIA“ – Konzeptalben, und hinter jedem Song steckt eine Geschichte. Das werden wir auch bei unserer zukünftigen Musik so machen.
Ich denke, jede neue Veröffentlichung ist besser durchdacht als eigenständiges musikalisches Projekt.
KoR: Euer jüngstes Meisterwerk wurde erst vor wenigen Wochen veröffentlich. Die EP „Bestia“ habt Ihr gemeinsam mit Euren Landsleuten Ersedu veröffentlicht. Seid Ihr zufrieden mit dem Ergebnis?
Helle: Ja, ich denke, dass dies eine der Platten ist, die man um der Kunst willen macht. Ich liebe die Stimmung dieser EP, ich denke, es gibt keinen einzigen Lückenfüller-Song und das ist es, was diese Platte gut macht. Die Länge, das Artwork, der Vibe – alles passt meiner Meinung nach zusammen, und das haben wir auch in den Rezensionen und im Feedback der Fans gehört.
KoR: Wie schwierig waren die Aufnahmen dazu in Pandemie-Zeiten?
Helle: Die Aufnahmen verliefen wie immer, weil wir immer alles einzeln aufnehmen. Das heißt, wir gehen nicht als ganze Band ins Studio. Aber wir haben es nicht einmal geschafft, mit unserer letzten Platte auf Tour zu gehen, was natürlich sehr traurig ist. Außerdem hatte ich vor den Gesangsaufnahmen für dieses Album das Coronavirus, und meine Atmung war durch die Krankheit beeinträchtigt, was den Aufnahmeprozess nicht einfacher gemacht hat.
KoR: Beeindruckt hat mich vor allem das Duett, in dem beide Sängerinnen quasi um die Wette growlen. Im Video sieht man beeindruckende Landschaftsaufnahmen. Wo habt Ihr das Video aufgenommen?
Helle: Vielen Dank! Ich denke, unsere Stimmen passen sehr gut zusammen. Die Landschaft, die Ihr im Video seht, ist der Kiewer Stausee, der von den Einheimischen auch Kiewer Meer genannt wird. Er liegt etwa 20-30 km von Kiew entfernt und hat eine atemberaubende Natur mit Wäldern, Wasser, Sand… Wir wollten zeigen, dass ukrainische Meerjungfrauen (Mavkas) an verschiedenen Orten leben können, also war es ein perfekter Ort.
KoR: Im Pressetext zu „Bestia“ war zu lesen, dass beide Bands eine langjährige Freundschaft verbindet. Wann und wie habt Ihr Euch kennen gelernt?
Helle: ERSEDU waren vor 10 Jahren als Band unter einem anderen Namen aktiv, und wir entdeckten sie, gingen zu ihrer lokalen Show, und so begann unsere Freundschaft. Scheint ein Jahrhundert her zu sein 😀
KoR: Im Jahr 2018 wart Ihr auf Europa-Tour, gemeinsam mit den Butcher Babies, Kobra and the Lotus, Skarlett Riot und Martyrium. Fünf Bands aus fünf Ländern. Welche Erinnerungen habt Ihr an diese Zeit?
Helle: Dies war unsere beste Tournee aller Zeiten und das Line-up war perfekt. Wir hatten eine tolle Zeit, haben Freunde gefunden, und jede Show ist für uns unvergesslich. Wenn Ihr Euch die Seiten aller Bands anseht, posten wir manchmal immer noch Fotos von damals und jeder hat tolle Erinnerungen an diese Tour. Wir würden sie gerne wiederholen!
KoR: Viele Jahre habt Ihr Euch selbst gemanagt. Jetzt konnten Ihr einen Platten mit Napalm Records abschließen. Herzlichen Glückwunsch dazu. Wie kam es zum Kontakt mit dem Label?
Helle: Das Label hat sich mit uns in Verbindung gesetzt, und wir denken, dass dies ein guter Zeitpunkt für uns ist, um unter Vertrag genommen zu werden, und dass es für das Label Sinn macht, uns unter Vertrag zu nehmen. Wir hoffen, dass es für beide Seiten von Vorteil sein wird. Die eigentliche Arbeit mit Napalm wird mit der nächsten Platte beginnen, die 2022 erscheinen wird. Immer schön dranbleiben!
KoR: Was erwartet Ihr von der künftigen Zusammenarbeit? Ist bereits ein neues Album in Arbeit?
Helle: Ja, das neue Album ist zur Hälfte fertig und wir erwarten, dass die Aufnahmen im späten Winter und im frühen Frühling beginnen werden. Wir werden bald mehr über den Entstehungsprozess auf unserer Patreon-Seite verraten, und sobald wir in Absprache mit dem Label etwas Genaueres mit Daten und Details verraten können, werden wir es auf allen sozialen Medien veröffentlichen. Folgt uns dort!
KoR: Ich bedanke mich noch einmal für dieses Interview. Möchtet Ihr den Fans zum Schluss noch etwas sagen?
Helle: Nochmals vielen Dank für die Einladung. Hört euch unser neues Album BESTIA auf allen Streaming-Diensten an oder holt es euch als CD/Limited Edition Vinyl. Bleibt gesund und bis bald bei den Live-Shows!
Ignea sind:
Helle Bogdanova – Vocals
Yevhenii Zhytniuk – Keyboards
Xander Kamyshin – Bass
Ivan Kholmohorov – Drums
Dmitry Vinnichenko – Guitars