Es fühlte sich an, als käme ich nach Hause – Interview mit Steelwings

53298642_626555311100485_1695909278965039104_nAls ich die Promo-Informationen zum Album „Back“ erhielt, dachte ich zunächst an eine Reunion der schwedischen Trve Metal Band Steelwing aus Nyköping. Beim Anhören schlichen sich aber sofort Zweifel ein. Denn statt des melodischen Power Metal knallte Oldschool Metal im Stile der 80er Jahre aus den Boxen. Also schnell nachgeschaut. Es handelte sich um die Band Steelwings (mit einem „s“ am Ende). Und um die Verwirrung komplett zu machen, stammen auch Steelwings aus Schweden, wohnen aber mehr als 400 km von ihren (fast) Namensvettern entfernt in Laholm. Gegründet wurde die Band bereits im Jahr 1982 und ist seitdem aktiv, allerdings mit mehreren Unterbrechungen. „Back“ ist das zweite Album der Band und erschien ca. 30 Jahre nach dem Debüt. Das Album hat mich so weggeblasen, dass ich nicht anders konnte als die Höchst-Note zu vergeben. Nun war ich natürlich gespannt auf einige Hintergrund-Informationen zu den Musikern.

KoR: Hey, ich bin Rainer und schreibe für die Webzine Keep On Rocking und Metalheads Forever Magazine. Vielen Dank dass ich dieses Interview mit Euch machen kann. Ich hoffe es geht Euch gut.

Steelwings: Hallo Rainer, es geht mir gut und ich danke Dir vielmals dafür, dass Du über Steelwings schreibst.

KoR: Steelwings existieren mit Unterbrechungen schon seit mehr als dreißig Jahren. Ich habe allerdings erst vor Kurzem von Euch gehört. Bitte stellt Euch den Lesern kurz vor.

Steelwings: Ok, ja, alles begann um 1981 mit der Vision, eine Hard Rock und Heavy Metal Band zu gründen. Es hat einige Zeit gedauert, die richtigen Leute zu finden, aber 1982 waren Tommy, Michael und ich in der Band und wir fingen an, hart zu arbeiten, Songs zu schreiben, Demos aufzunehmen und live zu spielen. Unser allererster Live-Gig wurde sogar im Radio übertragen. Im Laufe der Zeit hat es einige Umbesetzungen von Schlagzeuger und Bassisten gegeben. In Schweden gab es zu diesem Zeitpunkt keine Plattenfirma, die eine Band, die auf Englisch singt, unter Vertrag nahm, aber wir arbeiteten weiter und versendeten Kassetten mit unserer Musik. Als Ergebnis hatten wir 1983 die Gelegenheit, nach England zu gehen und einige Songs für Ebony Records aufzunehmen. „Live Your Life“ ist auf der Compilation „Metal Plated“ zu finden. Mitte der achtziger Jahre wurde es dann in Schweden für Hardrock-Musik viel besser und wir bekamen auch einen Plattenvertrag. Um es kurz zu machen, es hat sehr lange gedauert, das Album aufzunehmen. Und aus verschiedenen rechtlichen Gründen wurde es erst 1989 veröffentlicht, was viel zu spät war. Es gab einige neue Musik aus Washington und Seattle, also interessierte sich zu dieser Zeit niemand mehr für klassischen Hard Rock / Heavy Metal.

Steelwings web - 01KoR: Gegründet habt Ihr Euch im Jahr 1982. Der New Wave of British Heavy Metal (mit Bands wie Iron Maiden, Saxon, Tygers of Pan Tang, und viele mehr) hatte seinen Höhepunkt bereits überschritten. Von welchen Bands wurdet ihr damals am meisten beeinflusst?

Steelwings: Zu dieser Zeit gab es so viele gute Bands. Ich kann mich nicht für ein paar Bands entscheiden, weil wir mehr oder weniger von den meisten beeinflusst wurden. Dies war eine großartige Zeit für Hard Rock und Heavy Metal.

KoR: Eure erste Schaffensperiode endete 1992. Einen ersten Versuch zur Reunion gab es 2007. Die zweite Reunion 2010 erscheint erfolgsversprechender. Ihr seid immer noch aktiv. Was waren die Gründe für das vorläufige Aus zu Beginn der 90er Jahre?

Steelwings: Unsere Musik-Richtung war auf dem Weg nach unten und nach zehn Jahren harter Arbeit haben wir die Band endlich begraben. Zu dieser Zeit hatte ich auch das gesamte Musikgeschäft satt und gründete ein Unternehmen in der Bauindustrie.

KoR: Und was waren die Gründe nach so langer Zeit wieder gemeinsam Musik zu machen?

Steelwings: Nach zwanzig Jahren verkaufte ich meine Firma und plötzlich hatte ich wieder Zeit, um Musik zu machen. Es fühlte sich an, als käme ich nach Hause, weil ich das war, was ich gerne tat. Ich denke, dass es für Tommy und Michael genauso war, und wir hatten zwei neue enthusiastische Bandmitglieder in Peter am Bass und Marcus am Schlagzeug. Und natürlich war die Musik, die wir lieben, immer noch da und besaß eine neue, junge Generation von Anhängern.

KoR: Musstet Ihr lange überlegen, ein neues Album zu produzieren? Immerhin hat sich das Musik-Business grundlegend geändert und die Verkaufszahlen von Alben sind in den letzten Jahrzehnten massiv eingebrochen.

Steelwings web - 04Steelwings: Ich denke, dass wir uns 2015 entschieden haben, mit Steelwings ernsthaft weiter zu machen. Wir haben zusammen geprobt, gespielt und neue Songs geschrieben. Zu dieser Zeit hatten wir auch die Möglichkeit, beim Festival „Muskelrock“ in Schweden zu spielen. Das war alles großartig, aber wir hatten das Gefühl, dass wir ein Ziel brauchten. Also sagten wir „Warum versuchen wir nicht, ein weiteres Album aufzunehmen“. Natürlich war uns bewusst, dass sich das Musikgeschäft verändert hatte, und wir glaubten auch nicht, dass wir viele Platten verkaufen würden. Wir haben es aus Liebe zur Musik getan. Die Arbeit begann mit dem Schreiben neuer Songs und der Aufnahme von Demos. Wir haben uns sehr bemüht, einen Plattenvertrag zu erhalten, aber ohne Erfolg. Deshalb haben wir uns entschieden, das Album selbst aufzunehmen. Schließlich hatten wir 14 Songs aufgenommen und gemischt. Sowohl neue Songs als auch einige ältere Songs. Diese Entscheidung war richtig, denn jetzt war es viel einfacher, einen Deal zu bekommen. 2018 unterzeichneten wir einen Vertrag mit Sliptrick Records für die weltweite Veröffentlichung von „Back“. Es dauerte einige Zeit, aber jetzt ist es endlich veröffentlicht.

KoR: Und ich denke es hat sich gelohnt. Mit „Back“ habt Ihr ein hammerstarkes zweites Album veröffentlicht, das von mir die Höchstnote 10 bekam. Aber warum hat es nach der Reunion noch einmal neun Jahre gedauert, bis das Album fertiggestellt war?

Steelwings: Als wir anfingen, uns zu treffen, hatten wir keinen konkreten Plan. Wir waren einfach glücklich, uns damals zu sehen. Wir hatten alle unterschiedliche Verpflichtungen und es gab auch sehr private Dinge. Das Wichtigste war, es auf eine Weise zu tun, die uns allen zusagte. Und deshalb dauerte die Aufnahme einige Zeit. Wir haben Ende 2016 angefangen und der endgültige Mix wurde Anfang 2018 fertiggestellt. Dann dauerte es einige Zeit, bis der Plattenvertrag zustande kam. Aber jetzt haben wir endlich unser Ziel erreicht !!

KoR: Der Album-Titel „Back“ sagt es ganz deutlich. Euer Sound geht zurück in Eure Anfangstage. Die einzelnen Songs klingen authentisch nach Oldschool Hard Rock und Heavy Metal. Warum habt Ihr Euch für diesen Retro-Sound entschieden?

Steelwings: Wir haben diesen Sound nicht wirklich gewählt. Wir schrieben einfach Songs und das dies kam dabei heraus. Teilweise liegt das natürlich auch daran, dass einige Songs in den achtziger Jahren geschrieben wurden.

KoR: Trotz des 80er Jahre Feelings klingen die Songs frisch, das Album ist fett und modern produziert. Ich schrieb in meinem Review: „‘Back‘ ist wohl eines der authentischsten 80er Jahre Metal Album der Gegenwart.“ Wie ist Euch diese Gratwanderung zwischen Old School und Moderne gelungen?

Steelwings web - 06Steelwings: Auch hier haben wir nichts im Detail geplant. Wir haben uns einfach treiben lassen. Natürlich hatte ich eine Vorstellung, in welche Richtung wir während der Aufnahme und der Produktion der Platte gehen sollten. Wenn ich heutzutage Platten höre, habe ich das Gefühl, dass diese alle perfekt produziert und aufgenommen wurden. Aber für mich klingen viele gleich. Die Idee war also, die heutige Aufnahme- und Mischtechnik zu verwenden, aber nicht alles 100% perfekt zu machen. Ich meine, das ist Rock’n’Roll und Rock’n’Roll soll nicht perfekt sein.

KoR: Ich kann mir gut vorstellen, dass Eure Songs auch auf Live-Bühnen für viel Stimmung sorgen können. Habt Ihr für die nächste Zeit Live-Auftritte in Europa geplant?

Steelwings: Ehrlich gesagt planen wir momentan keine Live-Shows. Wir werden abwarten, wie sich die Platte entwickelt. Ich würde gerne Festivals spielen, aber die Saison 2019 war ausgebucht, bevor unser Album erschienen ist. Wir werden bis zum Ende des Sommers warten, bevor wir mit der Buchung von Auftritten beginnen. Hoffentlich können wir größere Bands supporten. Wir werden uns dann auf die Festivalsaison 2020 konzentrieren. Aber man weiß nie, aber wenn der richtige Gig auftaucht, nehmen wir ihn natürlich.

KoR: Noch einmal vielen Dank für dieses Interview. Möchtet Ihr Euren Fans zum Abschluss noch etwas sagen?

Steelwings: Unsere alten Fans wissen, wer wir sind und woher wir kommen, aber für viele jüngere Rocker sind wir eine „neue“ Band. Ich hoffe, alle geben Steelwings eine Chance und hören sich unsere neue Platte „Back“ an. Wir hoffen auch, dass die Fans uns helfen werden, indem sie das physische Album kaufen und nicht nur auf Spotify streamen. Ich meine, Spotify ist großartig, aber komm … es ist nichts im Vergleich zu dem Gefühl, eine richtige Platte in der Hand zu haben. Macht weiter mit der guten Arbeit.

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