Man kennt sie. Als ehemalige Sängerin und Bassistin der Dark Metal Band Sariola. Nach fünfzehn Jahren löste sich die Band im vergangenen Jahr. Man kennt sie. Als Model aus der TV-Show „Curvy Supermodel“ auf RTL II. Man kennt sie aus dem Internet. Fünfzigtausend Follower auf Instagram sprechen eine eindeutige Sprache. Die Rede ist von Ira Getman aka Loreley vom Rhein. Die Künstlerin stammt aus Belarus lebt aber inzwischen in Duisburg (Deutschland). Nun will sie einen neuen Abschnitt ihrer Karriere starten, ein Musik-Projekt, das ihren Namen trägt.
Ihre Musik klingt, als eine Zusammenarbeit von Rammsteins und Céline Dion, die „Mein Herz will go on“ heißen würde! Power, Selbstbewusstsein und Leidenschaft schaffen hier ein tolles Gesamtwerk einer modernen unabhängigen Frau.
So steht es im Pressetext. Ich hatte die Möglichkeit die neue Single „To Go For Your Love“ bereits vorab zu hören. Inklusive des zugehörigen offiziellen Videos. Ira in verschiedenen sehr weiblichen Outfits und in diversen wunderschönen Landschaften. Naja, man weiß, wie gern in Pressetexten übertrieben wird. OK, die Single klingt schwermetallisch, aber Neue Deutsche Härte im Stil von Rammstein ist es nicht. Und von Céline Dion kenne ich nicht allzu viel, aber ich glaube, die kanadische Sängerin klingt stimmlich etwas anders. Das soll aber die Qualität der neuen Single nicht schmälern. Ein angenehmer neuer Farbtupfer im Female Fronted Metal. Das ist Grund genug für einige neugierige Fragen.
KoR: Hallo Ira. Ich bin Rainer und schreibe für Keep on Rockin‘ und das Metalheads Forever Magazine. Danke, dass ich dieses Interview mit Dir machen kann. Wie geht es Dir?
Ira: Hallo Rainer. Mir geht’s fantastisch, danke. Ich möchte mich bei dir für die Chance bedanken, über meine Musik zu sprechen.
KoR: Du hast eine ereignis- und abwechslungsreiche Karriere hinter Dir. Stell Dich und Deine Projekte bitte kurz vor.
Ira: Man kennt mich als Frontfrau der Metalband Sariola. Jetzt fühle ich mich dazu bereit meine Solokarriere zu starten und meine Debutsingle „To go for your love“ zu präsentieren.
KoR: Du stammst aus Belarus (Weißrussland) lebst inzwischen aber in Deutschland. Was hat Dich dazu bewogen?
Ira: Ich bin froh, einen zahlreichen Migrationshintergrund zu haben. Mein Vater ist belarussisch, meine Mutter ist russisch-deutschen Abstammung, die in Bessarabien geboren wurde (das heutige Moldau). Ich kann sagen, ich bin ein post-UdSSR Kind.
Meine deutschen Vorfahren wurden aus Deutschland nach Bessarabien in das zaristische Russland umgesiedelt, wie es damals üblich bei den Franzosen, Polen und Deutschen war. Dort wurde ich geboren, allerdings spreche ich keine Sprache des Landes und kann mich daran nicht erinnern. Damals war es noch Post – UdSSR und die gesamte Bevölkerung hat Russisch gesprochen. Als ich klein war, sind wir in die Heimat meines Vaters nach Belarus umgezogen. Dort habe ich mich auch nicht zu Hause gefühlt. Außerdem war ich und meine beiden Schwestern lange Zeit Außenseiter, weil es in Belarus nicht häufig vorkam, dass jemand aus dem „Ausland“ hierher umzieht. Darüber hinaus hatte ich auch Probleme mit der Belarussischen Sprache, denn die zweite Staatssprache ist Russisch. Auch haben wir ein „reines Russisch“ gesprochen, ohne belarussischen Akzent und die Mischung mit belarussischen Wörtern, daher hat man sofort erkannt, dass wir die Einwanderer sind. In der Schule hatte ich Probleme mich auf Belarussischer auszudrücken. Auch jetzt spreche ich die Sprache eher schlecht und verstehe nicht alles.
Seit meiner Schulzeit mache ich Musik. Ich war ein Teil eines VIA namens „Zentrum“, unserer Direktor Alexander Shagov hat mit Viktor Smolski (ex-Rage, ex-Lingua Mortis Orchestra, Almanac – Anm. d.A.) an der Universität zusammen studiert. Während meines Studiums in Minsk habe ich weiter Musik gemacht, aber es hat sich Nichts großartig bewegt. So habe ich beschlossen, die Welt zu erkunden. Darüber hinaus hatte ich die Möglichkeit entweder nach Norwegen oder nach Deutschland zu reisen, denn ich beide Sprachen kann ich ausreichend gut, um mich vernünftig auszudrücken. Es hat mit meiner historischen Heimat Deutschland besser funktioniert. Hier sah ich die Möglichkeit mich musikalisch weiterzuentwickeln.
KoR: Hast Du noch Kontakte in Deine ehemalige Heimat? Verfolgst Du die Entwicklung dieses Landes?
Ira: Ich habe kaum Kontakte zu Belarus, nur zu dem einen oder anderen Unikameraden, viele davon sind wie ich, schon vorher ausgereist worden. Das war auch ein Grund, warum ich nach Herausforderungen im Ausland gesucht habe, denn man fühlte sich nicht frei. Nach den gefälschten Wahlen 2020 hat der Rest meiner Familie das Land verlassen und ist jetzt in der Sicherheit. Wäre ich in Belarus geblieben, hätte ich bereits im Gefängnis gesessen oder wäre zu Tode gequält worden, denn ich würde nicht einfach zuschauen und würde etwas dagegen unternehmen. Man hat uns im ersten Jahr an der Universität (Belarussische Staatsuniversität mit der Weltscore, weltbekannt!) gesagt, wenn wir an den Demonstrationen teilnehmen, werden wir sofort ohne Recht auf Rückkehr ausgewiesen. Es heißt, keine Chance eine vernünftige Arbeit zu finden, keine Zukunft. Oder nehmen wir das Beispiel von Roman Protasevich (wurde am 3. Mai aus einem zur Landung gezwungenen Ryanair Maschine in Minsk verhaftet – d.A.). Seit seiner Schulzeit war er ein Aktivist, hat das Präsidentenstipendium zunächst erhalten. Nach seinen Aktivitäten wurde es ihm jedoch wieder aberkannt. Danach hatte er keine Chance mehr, an eine Hochschule in Belarus zu studieren. Soweit es mir bekannt ist, studierte er danach im Ausland. Er konnte nicht wegschauen, was passiert und hat NEXTA (größte russischsprachige Telegram-Kanal zur politischen Lage in Weißrussland – d.A.) mitgegründet hat, wen ich mich nicht irre.
Mein Neffe war ein Oberoffizier in der belarussischen Armee und hat sich geweigert gegen das Volk eingesetzt zu werden. Er hat danach große Probleme bekommen und musste auch fliehen. Er wurde verhört und hat danach Belarus verlassen. Er hat eine Vorladung und ein riesiges Bußgeld zu Unrecht erhalten. Bei Gericht ist er zu seinem Glück nicht erschienen. Allerdings wurde ihm sein Dienstgrad aberkannt. Er wurde noch von einer norwegischen Zeitung zusätzlich interviewt, was seine Rückkehr nach Belarus unmöglich gemacht hat. Die restliche Familie musste auch fliehen, denn wegen der Entscheidung meines Neffen wurden sie in der Gefahr gebracht. Auch meine jüngere Schwester hat sich auf der Arbeit sehr aktiv gegen das Regime positioniert und Probleme bekommen. Zum Glück ist sie auch in Sicherheit, wie der Rest meiner Familie.
Ich verfolge aktiv, was dort passiert und supporte Belarus als Teil der belarussischen Diaspora im Ausland. Es bricht mir das Herz, wie die Leute dort unter diesem Unrecht leiden, denn ich habe ein Teil meines Lebens in Belarus verbracht. Besonders traurig fand ich das Video, das ich letztes Jahr online im NEXTA Telegram Channel gesehen habe, dass ein Dozent unserer Professur, gekündigt wurde und vom Militär aus dem Universitätsgebäude eskortiert wurde.
KoR: Elf Jahre warst Du Sängerin und Bassistin von Sariola. Wie schwer war es für Dich, diese Band nach so langer Zeit aufzulösen?
Ira: Mit Sariola war es eine Liebe auf dem ersten Sound. Als ich nach Deutschland kam, fing ich an sofort nach einer Band zu suchen. Da lebte ich in Rheinland-Pfalz und dort gab es kein interessantes Projekt für mich. Als ich Sariola entdeckte, wollte ich unbedingt dort singen. Die vorherige Sängerin hat das Projekt verlassen. Ich reiste 300 km nach Duisburg, um mich vorzustellen. Vor mir gab es noch ca. 20 Mädels, die ihr Glück bereits bei Sariola versucht hatten. Die Jungs sagten mir dann, dass sie sofort wussten, dass ich die nächste Frontfrau werde, ohne mich anzuhören. Die Chemie stimmte einfach. Danach waren die Jungs von meinen Gesangsskills überzeugt. Ich war die Einzige, die ein hohes Soprano singen konnte. Ich habe einen großen Stimmenumfang (4 Oktaven), diesen Skill haben wir in die neuen Songs von Sariola eingebaut. Die Tiefen konnte man ganz deutlich im Song „Crystal fracture“ hören. Ich bin nach Köln umgezogen und danach nach Duisburg. Lange Jahre sind wir Kopf an Kopf durch dick und dünn gegangen. Ständig hatten wir Probleme mit dem Line-up gehabt. Permanent fehlten uns ein Schlagzeuger, Bassist und noch eine Gitarre. Irgendwann hatte ich es satt und übernahm den Bass. Nicht umsonst habe ich jahrelang die Musikschule für klassische Gitarre besucht. Misserfolge und weitere Line-up Probleme haben dazu geführt, dass Sariola nicht mehr aktiv ist.
Sariola ist und bleibt ein wichtiger Teil meines Lebens. Es ist wie eine erste Schulliebe, mit der es nach dem Schulabschluss nicht geklappt hat. Es bleibt im Gedächtnis für immer.
Aber ich sehe es positiv. Ich durfte Erfahrungen in Teamarbeit, Management, Gesang, Studioaufnahmen, Bühnenauftritten, teils Musikkomponieren sammeln und jetzt nutze ich sie, um meine Soloprojekten stärker zu positionieren.
KoR: Du hast jetzt ein neues Projekt gestartet. Erzähle bitte etwas darüber?
Ira: Nach der Auflösung von Sariola habe ich unzählige Anfragen zum Bandeinstieg oder Bandneugründung erhalten. Ich erhalte sie immer noch, aber bisher war nichts Richtiges dabei. Ein guter Freund fragte mich einmal, warum ich nicht einfach mein eigenes Projekt starte. Darüber habe ich zunächst nicht ernsthaft nachgedacht. Durch Zufall und eine Zusammenarbeit mit dem Produzenten Jon Phipps (Cradle of Filth, Moonspell, Kreator, Amorphis, Angra) habe ich an der Ira Getman Imagepositionierung und der Musik dafür gearbeitet. Ich bin der Meinung, dass es endlich Zeit ist, eine wahre Ira Getman zu zeigen. In Sariola habe ich nicht über die Gefühle gesprochen und hatte ein Image als eine Schneekönigin mit der Bassgitarre gehabt. Jetzt zeige ich mich als eine lebendige Frau, die singt und Instrumente spielt und so weit ist, ihre persönliche Geschichte zu erzählen.
KoR: Die erste Single ist fertiggestellt. Wie wird es mit Ira Getman weitergehen?
Ira: Ich habe entschieden, Single für Single zu produzieren und in einem gewissen Zeitrahmen zu veröffentlichen. Ein komplettes Album ist noch nicht in Sicht.
KoR: Ich habe gelesen, Du warst Schülerin von Floor Janssen (ex-After Forever, ex-Revamp, Nightwish). In welcher dieser drei Schaffensperioden der Niederländerin war das? Wie war die Zusammenarbeit mit Floor?
Ira: Ich durfte Floor kennenlernen, als sie sich von der After Forever trennte und ihre Band ReVamp gegründet hat und noch in Roermond lebte. Zu der Zeit hat ihr Studium an der Rockakademie absolviert. Sie ist sehr professionell, hat eine gute Stimmentechnik. Die Arbeit mit ihr war sehr entspannt. Vor Floor hatte ich einen Gesangslehrer, der als Opernsänger in Bayreuth tätig war. Und nach der Zeit mit Floor habe ich den Gesangsunterricht in Essen fortgesetzt.
KoR: In der Mail Deines Managers stand u.a. Du bist „Influencerin in den Themen Feminismus, Selbstvertrauen, Authentizität“. Ich muss gestehen, mit dem Begriff Influencerin kann ich persönlich nicht viel anfangen. Erläutere doch bitte, was sich dahinter verbirgt.
Ira: Ein Influencer inspiriert die Leute zu Etwas oder empfehlt gewisse Produkte. In meinem Fall als Künstlerin inspiriere ich die Leute mit meinem Image einer starken unabhängigen Frau mit Kurven. Ich bekomme viele Mails von den Mädels, die schreiben, dass ich ihnen Mut mache, entweder ein Model zu werden oder sich selbst zu akzeptieren, wie sie sind. Es freut mich sehr, dass ich den Leuten auf meine eigene Art und Weise helfen kann. Da ich meist männlichen Fans habe, freut es mich besonders, dass ich das weibliche Auditorium ansprechen kann. Jetzt möchte ich die Fans mit meiner Musik überzeugen, denn die bewegenden Themen sind Feminismus, Unabhängigkeit, Liebe.
KoR: Das Du auch ein Model bist, ist mir bekannt. Ich habe viele Deine Bilder gesehen. Was mich beeindruckt, ist die Vielschichtigkeit Deiner Darstellungen. Mal als unschuldig wirkendes Mädchen, dann wieder hocherotisch oder als rockende Metal Musikerin. Wie gelingt es Dir, diese vielen unterschiedlichen Charaktere darzustellen?
Ira: Es freut mich, dass meine Bilder Dich ansprechen. Das ist der Antrieb eines Modeljobs, sich vielseitig zu präsentieren. Meine Aufgabe ist, das Inkompatible zu verbinden. Das macht mich besonders als Künstlerin und Brand.
KoR: Ich bedanke mich noch einmal für dieses Interview. Möchtest Du Deinen Fans zum Schluss noch etwas sagen?
Ira: Ich bedanke mich nochmal für die tollen Fragen von Dir, Rainer! Ich möchte meinen Fans danken, dass sie mich alle diese Jahre unterstützt haben und möchte euch alle erinnern, dass meine Single „To go for your love“ ab dem 6.08 weltweit auf allen Plattformen verfügbar ist.
Die Single kann auf den bekannten Plattformen gekauft werden. Das Video zur Single kann man sich hier anschauen: Die Sängerin würde sich freuen, wenn viele die CD kaufen oder sich das Video anschauen würde. Mehr Informationen zur Musikerin findest Du hier:
Man kennt sie? Seltsam, ich habe noch nie von ihr gehört und wer bitteschön sind, bzw. waren Sariola?