Bewertung: 8,5/10
AOR hat seine Heimat in Nordamerika. Darunter versteht man keyboardlastige, auskomponierte Rockmusik mit professionellem Gesang und ausgefeilter Produktion. Aushängeschilder dieser Musik sind Bands wie Boston, Bon Jovi, Foreigner oder auch REO Speedwagon. Diese Aufzählung ließe sich beliebig verlängern. Aber auch im Norden Deutschlands ist AOR beliebt. So haben sich Nine-T-Nine aus Hamburg dieser Musik verschrieben. Gegründet wurde die Band 1999. Aus dem Gründungsjahr wurde auch der Band-Name abgeleitet. Seitdem erspielten sie sich durch viele Live-Auftritte eine immer größer werdende Fan-Gemeinde. Ich konnte Nine-T-Nine im Jahr 2016 live erleben. Bisher wurde lediglich ein Album veröffentlicht. Zehn Jahre nach Band-Gründung erschien “Keep The Flame Alive”. Nun sind erneut zehn Jahre vergangen. Im September erscheint der Nachfolger “Time And Water”. Während der Aufnahmen wurde die Band von Besetzungssorgen geplagt. Am Schlagzeug und den Keyboards haben ehemalige Mitglieder ausgeholfen.
Und wo AOR drauf steht ist natürlich auch AOR drin. Und den beherrschen Nine-T-Nine perfekt, wie man sich schon bei “Long Way” überzeugen. Das Gesangs-Duo Corina Elvers / Sharky harmoniert perfekt. Leider ist die Sängerin häufig nur im Background zu hören. Wunderschöne Gitarrenhooks und rhythmisches Drumming sorgen für den passenden Sound für die beiden Gesangsstimmen. Im Hintergrund sind dezente und songdienliche Keyboardklänge zu hören. Und die gekonnt gespielten Gitarrensoli fehlen selbstverständlich auch nicht. Bei “Give It Up (Heart Over Mind)” treten die Tasteninstrumente dann mehr in den Vordergrund. Piano und Streicherklänge leiten diese großartige Midtempo-Hymne ein. Den Sinn von “Prelude C. P. F. L.” verstehe ich nicht so ganz. Ein Präludium ist ein Instrumentalwerk mit eröffnendem oder hinführendem Charakter. Aber wenn diese Einleitung fast eine Minute länger ist als der Song, den es einleiten soll (“Can’t Pay For Love”), ist der gesamte bisher aufgebaute Spannungsbogen weg. Als Ballade würde ich das Prelude auch nicht einordnen. Diese kommen später noch. “Can’t Pay For Love” selbst ist wieder klassischer AOR-Kracher.
“Home Alone” ist eine der bereits angesprochenen Balladen. Wunderschön der Wechselgesang zwischen Corina und Sharky. Hier kann die Sängerin kurz zeigen, dass sie Gold in der Kehle hat. Die musikalische Umrahmung liefern hier epische Streicher und ein kurzes, aber tolles Gitarrensolo. Bei “My Way” dominieren zunächst die akustischen Gitarren, bevor kraftvolle e-Gitarren einsetzen. Und bei “Take Me Away” wird es wieder richtig rockig. Hierzu haben die Hamburger auch ein Video produziert. Mit “The Crossing“ folgt ein weiteres instrumentales Zwischenspiel. Hier hat es die Band besser gemacht als zuvor. Die Überleitung zum längsten Song des Albums “Through The Storm (Shoreline II)” finde ich durchaus gelungen. Und dieser macht seinem Namen Ehre. Stürmische Gitarrenriffs begleiten den Sänger. Der ruhige Mittelteil mit Gitarrensolo stellt dann wohl das Auge des Sturms dar. Und die Rückseite des Sturms wird von einem Wechselspiel zwischen Keyboard und Gitarre geprägt. Für mich ist dieser Song das absolute Highlight des Albums. Danach lassen es Nine-T-Nine mit “Midnight” richtig krachen. Mit “Just When I Met You” folgt dann die zweite (Power-) Ballade als weiteres Highlight. Mit dem geradeaus rockenden “Heat Of The Night” sowie der 2019er Version des zehn Jahre alten “Light My Life” (CD “Keep The Flame Alive”) klingt das Album aus.
Auf dem Album-Cover kann man lesen “Contra omnes obstantia”, was so viel heißt wie “Gegen alle Hemmnisse”. Und gegen alle Hemmnisse habe Nine-T-Nine ein zeitlos schönes AOR-Album produziert. Ich schrieb es kürzlich in einem anderen Review, dieser Sound hat vor zwanzig/dreißig Jahren große Stadien gefüllt. Jetzt ist aber immer noch eine wunderschöne Reminiszenz an die Musik aus meiner Jugendzeit. Das sind mehr als siebzig Minuten Spaß und Freude pur.
NINE-T-NINE – Take Me Away: https://youtu.be/eT9Oom_1NXw
Lineup:
N. N. – Drums / aktuell: Markus Kuhn
Carsten Schulz – Bass
N. N. – Keyboards
Oliver ‚Turner‘ Sztukowski – Guitars, Vocals
Stefan Theil – Lead Guitar
Corina Elvers – Vocals
Sharky – Lead Vocals
Label: Alster Records
VÖ: 13. September 2019
Spieldauer: 01:13:10
Titelliste:
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Long Way
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Give It Up (Heart Over Mind)
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Deep From The Heart
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Prelude C. P. F. L.
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Can’t Pay For Love
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Home Alone
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My Way
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Take Me Away
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The Crossing
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Through The Storm (Shoreline II)
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Midnight
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Just When I Met You
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Stronger
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Heat Of The Night
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Light My Life (2019)